Kein Platz für trans*-Feindlichkeit im Wissenschaftsbetrieb – Zur trans*-Feindlichkeit an deutschen Hochschulen

*Dieser Beitrag wurde automatisch übernommen und ist keine Veröffentlichung der LAK Bremen.*

Seit einigen Jahren wird die Beseitigung der strukturellen Diskriminierung von trans* Personen immer stärker und vehementer eingefordert. Trotz kleiner Fortschritte, fühlen sich feindlich gesinnte immer noch aufgerufen, den Kampf gegen diese notwendige gesellschaftliche Veränderung anzutreten. Dabei schrecken diese Stimmen aus dem Wissenschaftsbetrieb sogar in ihren Lehrveranstaltungen nicht vor offen trans*feindlichen Aussagen zurück. Aussagen die im wissenschaftlichen Konsens schon längst widerlegt und nicht mehr tragbar sind. Diese Personen scheinen sich so sicher und selbstbewusst zu fühlen, dass sie ihre Ablehnung nicht nur auf den privaten Raum beschränken und keine Konsequenzen durch Hochschulen befürchten. Das besorgt uns als fzs und muss alle progressiven und emanzipatorischen Akteur:innen im Hochschulkontext aufrütteln.

Status quo – Die Situation von trans* Personen an deutschen Hochschulen

Trans* Personen werden an Hochschulen strukturell diskriminiert. An vielen Hochschulen ist die Einschreibung unter dem eigenen Namen und Gender immer noch nicht möglich. Die Folge: konstantes Deadnaming und Misgendering (z.B. HTW Dresden oder Uni Lüneburg). Selbst an Hochschulen, die eine Namens und Personenstandsänderung ermöglichen, ist dies meist nur über Barrieren (persönliche Gespräche, DGTI-Erwerb, Zusatzkosten bei Neu-Beantragung- und Ausstellung des Studiausweis) möglich. 

Und das ist erst der Anfang.

Trans* Personen müssen einiges aushalten an deutschen Hochschulen: von genderqueer-ausschließender Lehreüber trans*abwertende Witze in Vorlesungen bis hin zu offen trans*feindlichen Aussagen in Lehre und Forschung.

Drei Beispiele:

1. Der Dresdner Hochschulprofessor und Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Carl-Gustav-Carus, Veit Rößner (Experte für Tic-Störungen): Rößner schrieb in der sächsischen Zeitung [1] übertrans*Jugendliche als „Modeerscheinung“. Er gab eine Studie ohne Quellenverweis an, derzufolge 98 % der Jugendlichen mit „Transwunsch“ diesen einige Jahre später verlieren würden – eine wissenschaftliche Falschaussage.

2. Die Meeresbiologin Marie-Luise Vollbrecht und die Humboldt-Universität: Vollbrecht sprach in ihrem verschobenen Vortrag von der ausschließlichen Existenz zweier biologischen Geschlechter, das weibliche und das männliche – eine biologistische Falschaussage.

3. Der Philosophiedozent Javier Álvarez-Vázquez: Infolge der studentischen Kritik an der affirmierenden Nutzung des trans*feindlichen Buchs „Natur und Gender“ als Grundlagenliteratur seines Seminars „Historisch-Genetische Theorie der Geschlechterbeziehung: Subjekt – Identität – Liebe“ an der Uni Leipzig inszenierte er sich als Opfer linker „Cancel-Culture“ und zweite Causa Vollbrecht.

Die Gleichstellungsstellen der Hochschulen sind sich der Problematik nicht immer bewusst. Immer wieder herrscht hier noch der Fokus auf die Gleichstellung von Mann und Frau. Spezifische Angebote und besondere Sensibiltät für trans, inter, non-binary und agender (TINA*) Personen gibt es nur an wenigen Orten. Der Leitfaden der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen e. V. [2] stellt  hier einen wesentlichen Fortschritt dar. Dieser muss dringend umgesetzt werden, an allen deutschen Hochschulen. Wir fordern alle Hochschulakteur*innen dazu auf, sich intensiv an der Umsetzung zu beteiligen.

A way out – Was getan werden muss?

Wir bestärken den Beschluss des Ausschuss der Student*innenschaften „Genderinklusivität jetzt!“ vom 01.10.2022 [3]. Im Zuge dessen fordern wir erneut die Entbinärisierung der Hochschul- und Antidiskriminierungsgesetze. Wir setzen uns für die Stärkung der Kompetenz von Gleichstellungsstellen und die Ausweitung ihrer Aufgabenbereiche auf die alle Geschlechtsidentitäten, sowie eine Sensibilisierung von Gleichstellungsakteur*innen bezüglich TINA* Personen ein.

Wir setzen uns für spürbar vereinfachte Anpassung von Geschlechtseinträgen an Hochschulen ein. Um Diskriminierung vorzubeugen, müssen die Hochschulen Sensibilisierungsarbeit leisten. Die Verbreitung trans*feindlicher Aussagen müssen sanktioniert und unterbunden werden. Dafür ist die Ausarbeitung und Etablierung eines Sanktionsmodell notwendig. 

Hochschulgesetze und Antidiskriminierungsgesetze anpassen! Noch immer sind viele Gesetzestexte was das Geschlecht angeht binär verfasst. Deshalb  fordern wir die schlichte Anpassung an längst verfassungsrechtlich  festgeschrieben Regelungen und Anerkennung von mehr als zwei Geschlechtsidentitäten, sowie den Erhalt bereits angepasster Texte.

Konsequenzen und Sanktionen gegen trans*feindlichkeit! Wer in Lehrveranstaltungen oder anderweitigem wissenschaftlichen Kontexten positiv über Konversationstherapien für trans*Personen oder sonstige trans*feindlichkeit spricht, muss mit Konsequenzen und Widerspruch rechnen. Neben Veranstaltungsabsagen muss auch der*die Referent*in mit Konsequenzen rechnen, sodass zukünftig keine etwaigen Veranstaltungen mehr stattfinden. Die Hochschule muss gemeinsam mit den Gleichstellungsstellen Handlungsweisen erarbeiten, sodass es erst gar nicht zu solchen Vorfällen kommen kann.

Barrierearme Anpassung des Geschlechtseintrags und der Vornamen ermöglichen! Um die diskriminierende Struktur beim Geschlechtseintrag abzuschaffen, muss es durch bürokratiefreie Selbstauskunft möglich sein diesen und die geführten Vornamen zu ändern.

Mehr Sensibilität in der Lehre! Die Lehre muss als Bestandteil der Hochschule aktiv zu einer Atmosphäre beitragen, in der Verschiedenheit keine Diskriminierung bedeutet. Um sensibel mit TINA* Identitäten umzugehen, muss die Hochschule verpflichtende Schulungen und Weiterbildungen auf diesem Gebiet für alle Lehrenden und Mitarbeitenden der Hochschule anbieten.

You are not alone – Solidarität mit trans* Personen muss praktisch werden

Als Bundesstudierendenvertretung setzen wir uns für die Rechte von trans* Personen ein und unterstützen lokale und Landesstudierendenvertretungen bei ihrem Kampf gegen trans*feindliche Lehrveranstaltungen und wissenschaftliche Falschaussagen. Wir verstehen den Kampf gegen geschlechterspezifische Ungerechtigkeiten als dezidiert studentisch.

[1] https://www.saechsische.de/dresden/lokales/dresdner-mutter-meine-tochter-fuehlt-sich-als-junge-pubertaetsblocker-transsexulitaet-5810166-plus.html

[2] https://bukof.de/wp-content/uploads/2021-bukof-Standpunkte-fuer-eine-geschlechtergerechte-Hochschulpolitik.pdf

[3] https://www.fzs.de/2022/10/01/genderinklusivitaet-jetzt/