*Dieser Beitrag wurde automatisch übernommen und ist keine Veröffentlichung der LAK Bremen.*
Die Zahlen sind nicht neu und doch immer wieder schockierend. Über ein Drittel aller Studierenden leben in Armut oder sind mindestens armutsgefährdet, gut ¾, wenn wir nur auf die Studierenden schauen, die alleine oder in einer WG wohnen. Diese Zahlen hat Ende 2022 erstmals auch das statistische Bundesamt mit ihrer Veröffentlichung bestätigt. Erhoben wurden diese Zahlen 2021, also noch bevor im vergangenen Jahr die Lebenshaltungskosten explodierten. Wir müssen also davon ausgehen, dass die tatsächlichen Daten heute noch deutlich drastischer sind als 2021.
Sie sind auch erhoben worden, bevor das BAföG im vergangenen Jahr novelliert wurde. Der neue BAföG-Höchstsatz liegt seit vergangenem Herbst bei rund 934€. Er liegt damit weiterhin unterhalb der Armutsgrenze und der Grundbedarf liegt unterhalb dessen, was im neu eingeführten Bürger*innengeld als Grundbedarf festgehalten ist. Zudem bekommen nur etwa 11% aller Studierenden überhaupt BAföG und erste Berechnungen gehen davon aus, dass sich dies auch nach den Novellen im letzten Jahr nicht verbessern wird. Im Gegenteil. Laut Fraunhofer-Institut wird die reale Zahl der Beziehenden in den kommenden Jahren trotz Novellierung sogar weiter zurückgehen, wenn sich nicht mehr verändert. Von seinem einst definierten Ziel mehr Chancengerechtigkeit zu schaffen, entfernt sich das BAföG also immer weiter, statt dieses Ziel nach wieder klar in den Blick zu nehmen.
Das zeigt einmal mehr, was wir bereits im vergangenen Jahr prophezeit und bemängelt haben. Die Erhöhungen des letzten Jahres sind längst von der Inflation aufgefressen, die „Reform“ bringt nicht die heute dringender denn je benötigte Trendwende, der hochgepriesene Notfallmechanismus greift in einer Zeit in der zahlreiche Studierende Existenzängste haben nicht und die Strukturreform brauchen wir auch deshalb heute noch dringender als schon letztes Jahr.
Deshalb fordern wir:
BAföG-Bedarfssätze sofort anpassen! – Das BAföG ist kein Allheilmittel gegen studentische Armut. Dennoch ist es ein zentrales Element in der Bekämpfung ebendieser. Seiner Rolle kann es jedoch nur gerecht werden, wenn die Bedarfssätze sich auch nach den tatsächlichen Bedarfen Studierender richten und diese sind genauso gestiegen wie die Bedarfe der Gesamtbevölkerung. Es ist also nur folgerichtig, hier eine Korrektur nach oben vorzunehmen und die BAföG-Bedarfssätze deutlich anzuheben.
Zukünftig regelmäßige Anpassungen der Bedarfssätze im maximalen Abstand von zwei Jahren! – 16 Jahre CDU-Regierung haben dazu geführt, dass die Fördersätze teilweise jahrelang nicht an die sich verändernden Realitäten angepasst wurden. Für andere Sozialleistungen hingegen ist es längst gang und gäbe, dass diese in regelmäßigem Abstand angepasst werden müssen. Auch im BAföG muss eine regelmäßige Anpassung Mindestmaß sein.
Strukturreform nicht verschleppen! – Bei der Verabschiedung des 27. und 28. BAföG-Änderungsgesetzes wurde immer wieder betont, dass die strukturelle Reform des BAföG dadurch nicht in Vergessenheit geraten werde. Dieses Versprechen muss die Regierungskoalition jetzt einlösen. Denn die vielen strukturellen Probleme des BAföG sind sichtbarer denn je und dürfen gerade jetzt nicht auf die lange Bank geschoben werden. Elternunabhängigkeit, Schuldenfreiheit, eine Anpassung an studentische Realitäten, wie etwa die Erhöhung der Förderhöchstdauer oder dynamische Wohnkostenzuschüsse, aber auch eine Entbürokratisierung der Anträge, würden das BAföG wieder auf einen zukunftsfähigen Pfad bringen und das BAföG könnte endlich wieder mehr Studierende erreichen.
Notfallmechanismus handlungsfähig machen! – Schon bei der Einführung des Notfallmechanismus haben wir darauf hingewiesen, dass der Wegfall studentischer Arbeitsplätze als alleiniger Indikator einer Notsituation Studierender bei weitem nicht ausreichend ist. Nun zeigt sich das wir Recht hatten. Denn während immer mehr Studierende von existenziellen Ängsten berichten, scheint niemand überhaupt darüber nachzudenken den Notfallmechanismus zu aktivieren. Das zeigt erneut, dass der Mechanismus zwar ein sinnvolles Ziel verfolgt, aber fehlerhaft gestaltet ist. Die Bundesregierung muss den Mechanismus daher dringend überarbeiten, damit dieser Studierenden in Notsituationen tatsächlich helfen kann.
Studentische Armut endlich ernst nehmen! – Nur wenn wir gesamtgesellschaftlich aufhören studentische Armut als Randphänomenen zu begreifen und verstehen, dass Armut unter Studierenden ein reales strukturelles Problem darstellt, können wir als Gesellschaft unser Handeln entsprechend anpassen und dafür sorgen, dass dem Problem ernsthaft begegnet wird.